19. November 2020

Zuckerhütl und Co

Im Juli 2006 bin ich mit meinen Wanderfreunden aus dem Gletscherkurs im Stubaital verabredet. Gemeinsam wollen wir das Zuckerhütl, den Wilden Pfaff und den Wilden Freiger besteigen. Als Bergführer haben wir einen jungen Innsbrucker namens Andreas Geißler angeheuert. Mit von der Partie sind Uli und Hans-Werner, Martina und ihr Sohn Johannes und Lotti, eine Freundin von Martina. Treffpunkt ist die Dresdner Hütte Am Nachmittag des 21. Juli. Uli und Hans-Werner sind zu der Zeit auf dem Stubaier Höhenweg unterwegs und haben sich schon schön eingelaufen. Lotti, Johannes und Martina reisen aus dem Schwarzwald an und ich bin ein paar Tage vorher in unserem Sommerdomizil Rietz angekommen.



Mit der letzten Seilbahn geht es hinauf zum Schaufeljoch (3150 m). Der Gletscher ist fast schneefrei und das Blankeis ist ganz grau. Große Teile des Gletschers sind mit verschweißten Filzbahnen abgedeckt, um den Schmelzprozess vor allem um die Ständer der Bahn herum zu verhindern. Wir steigen einfach über die Absperrung auf den Gletscher und wandern bergab in Richtung Süden über die Filzabdeckung zum unteren Rand des Gletschers. Wir müssen uns beeilen, denn im Westen droht eine Gewitterwolke, mit deutlichem Donnern. Nach einer 3/4-Stunde erreichen wir die Hildesheimer Hütte (2899 m). Von hier kann man den Blick weit scheifen lassen über Wildspitze und all die anderen 3000er der Ötztaler und Stubaier Alpen. Der Abstieg von hier erfolgt nach Sölden. Die Hütte ist urgemütlich. Es gibt eine urige Zirbenstube in der man köstliches Essen von einem stets gutgelaunten Hüttenwirt serviert bekommt. Pünktlich um 22 Uhr geht’s dann in die Lager, denn morgen Früh ist um 5 Uhr die Nacht vorbei.

Hildesheimer Hütte

Am Abend an der Hildesheimer Hütte.

Wie verabredet frühstücken wir um 5 Uhr und um 6 Uhr sind alle abmarschbereit. Wir starten in einen kühlen Morgen der uns mit einem strahlend blauen Himmel begrüßt. Bis zum Rand des Pfaffenferners geht es über Geröll und Blöcke entlang eines gut markierten Pfades. Nun werden die Steigeisen angelegt und weiter gehts im Gänsemarsch in großem Bogen bis hinauf zum Pfaffenjoch (3213 m). Hier treffen uns die ersten Sonnenstrahlen und es wird Zeit für eine Trinkpause. Über den Sulzenauferner führt dann der Weg parallel zum Hang hinüber zum Pfaffensattel (3344 m) am Fuße des Zuckerhütl (3507 m). Hier müssen wir uns erstmal stärken. Anschließend steigen wir die restlichen Höhenmeter ohne Rucksack leichten Fußes bis zum Gipfel. Zunächst steigen wir über eine steile Schneeflanke hinauf um dann noch ca. eine halbe Stunde mit den Steigeisen über die Blöcke zu kraxeln, denn das Zuckerhütl trägt seinen Namen mittlerweile zu unrecht: auf dem Gipfel liegt kein Schnee mehr. Die Aussicht vom Zuckerhütl ist sensationell vor allem bei solchem Traumwetter. Um kurz nach 9 standen wir auf dem Gipfel. Noch sind wir die einzigen hier aber auf den Gletschern ringsum sieht man diverse Seilschaften nahen, denn es ist Wochenende und das Zuckerhütl ist Naherholungsgebiet der Innsbrucker. Nach kurzer Gipfelrast und Fotosession steigen wir wieder ab bis zum Pfaffensattel, nehmen unsere Rucksäcke auf und lenken unsere Schritte Richtung Wilden Pfaff (3450 m). Das ist nochmal ein kleiner Gegenanstieg, nun aber in weichem Schnee und am Gipfel über Geröll. Auf dem Wilden Pfaff verweilen wir ein wenig länger und genießen die tolle Aussicht aufs Zuckerhütl. Der Abstieg zur Müllerhütte erfolgt über den Ostgrat mit viel Kletterei im Blockgelände. Hier hat man zuweilen ziemliche Tiefblicke zu beiden Seiten des Grates. Unser Etappenziel die Müllerhütte und weiter weg das Becherhaus immer im Blick steigen wir stetig ab. Gegen 13 Uhr erreichen wir die Müllerhütte (3150 m). Die ist bumvoll aber das ist an Schönwettersamstagen normal. Nun folgt den Nachmittag in der Sonne verdösen, bei leckerem Weizenbier Gletscher schauen und Steinböcke beobachten und einfach nur ausruhen. Herrlich!!!! Am Abend in einer überfüllten Gaststube wird den hungrigen Bergsteigern ein tolles Menue serviert, das die drangvolle Enge vergessen läßt: Lasagne als Vorspeise, das Haupgericht ist Hirschragout mit Rotkohl und Kartoffeln dazu gibts selbstgemachte Preiselbeermarmelade und zum Nachtisch wird Tiramisu mit Erdbeercreme gereicht. Sensationell und das auf 3150 m Höhe. Obwohl die Stimmung super ist, gehen wir schon um 21 Uhr zu Bett, denn wir sind ganz schön müde …

Auf dem Gipfel

Herrliche Aussicht auf dem Zuckerhütl.

Am nächsten Morgen sind wir froh, so früh ins Bett gegangen zu sein, denn schon um 5 Uhr ists aus mit der Nachtruhe. Zunächst ist Anstehen am Klo und im Waschraum angesagt. Nach dem Frühstück gehts los. Wir werden Zeuge eines herrlichen Sonnenaufgangs. nun geht es erst runter auf den Gletscher und dann hinüber Richtung Becherhaus. Der Aufstieg fällt mir ziemlich schwer, denn ich bin noch nicht auf Betriebstemperatur. Auf dem Grat zum Wilden Freiger (3426 m) erwartete uns dann wieder ein wenig Blockkletterei. Die Wolken sind im Laufe des Vormittags immer mehr geworden, sodass wir uns auf dem Gipfel nur kurz aufhalten. Es ist ungemütlich kalt und windig und die Aussicht läßt doch auch zu wünschen übrig. Der Abstieg erfolgt teils über Gletscherflanken und über Block- und Geröllfelder. Nach 1100 hm erreichen wir die Nürnberger Hütte. Unser Bergführer muß uns nun eilig verlassen, denn die nächste Tour wartet schon auf ihn. Wir anderen bleiben noch auf der Hütte. Nach ausgiebigen Abschiedsgesprächen gehe ich dann ohne meinen Rucksack talwärts. Den Rucksack sollte die Materialseilbahn transportieren, denn es sind weitere 1000 hm Abstieg bis ins Tal. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommt dann auch mein Rucksack heruntergegondelt. Auf der Bsuchalm (1580 m) trinke ich noch ein Bierchen und dann gehts schnurstracks zur Bushaltestelle. Da noch Zeit ist, bis der Bus kommt laufe ich vor bis Ranalt. Hier steht eine Bank an der Haltestelle und so warte ich die restliche Zeit bei leichtem Nieselregen in Ranalt und lasse die herrlichen Bergtage vor meinem geistigen Auge revuepassieren.

Nürnberger Hütte

Beim Abstieg von der Nürnberger Hütte.