15. Tag Über die Zufallspitze (3757 m) zum Cevedale (3769 m)

↑ 1600 hm ↓ 1300 hm 11 h

Die Nachtruhe auf der Marteller Hütte ist nicht die Beste, denn zuerst klappt es mit dem Einschlafen nicht richtig (ist wohl die Vorfreude) und dann geht eine Gruppe Jugendliche erst so gegen 23 Uhr polternd zu Bett und um 3 Uhr früh legen sich die letzten Zechbrüder in die Lager, was auch nicht lautlos von statten ging. Gegen 5 Uhr klopft der Georg an meine Tür: er kann nicht mehr schlafen und ob wir nicht schon frühstücken wollen. Gesagt getan: schnell in die Klamotten geschlüpft, die Zähne geputzt und erstmal einen Kaffee und ein Müsli zum Wach werden. Nachts hat es geschneit und als wir aus der Hüttentür treten, schlägt uns ein eiskalter Wind entgegen. Es ist wolkenlos und die erste Morgenröte zeigt sich im Osten.

morgenrot

Das erste Tageslicht am Horizont.

Zunächst wandern wir auf schmalem Pfad in Richtung Fürkelescharte. Die Steine sind glatt durch den Neuschnee. Da heißt es aufpassen. Nach einer Stunde geht die Sonne auf und wir bewundern die Schönheit der Berge im Morgenlicht.

Erste Sonne

Die ersten Sonnenstrahlen auf der Zufallspitze.

Ein Traumwetter erwartet uns: bis zum Abend wolkenloser Himmel mit einer Fernsicht wie im Herbst! Glücklich erklimmen wir die Fürkelescharte. Hier erwartet uns schneidender Wind, der die Temperatur trotz Sonne für uns auf gefühlte -10°C fallen läßt. Manche Böen sind so heftig, das es schwerfällt das Gleichgewicht zu halten. Der Weg führt uns entlang des Grates über große Blöcke und verschneite Mulden.

Weiter Weg

Der Weg zum ersten Ziel ist noch weit.

Manchmal meint man einen Steig erkennen zu können. An einigen Stellen muss man über Blankeis am Rande des Gletschers balancieren. Das ist nichts für meine Nerven aber der Georg reicht mir dann seine vertrauenswürdige Bergführerhand. Das hilft! Nach etwas mehr als 4 Stunden stehen wir auf der Zufallspitze und genießen die Aussicht. Freier Blick in alle Richtungen auf Ortler, Königsspitze und co.

Auf der Zufallspitze

Gipfelglück auf der Zufallspitze, im Hintergund Königspitze und Ortler.

Etwas unter dem Gipfel machen wir Rast und essen ein bischen was. Nun kommen auch noch andere Bergsteiger von der Marteller Hütte. Auf dem Cevedale herrscht auch schon reges Treiben. Bevor wir nun weitergehen schnallen wir die Steigeisen an und Georg seilt uns an, denn von nun an geht es über den Gletscher. Da auf dem Grat zum Cevedale ein riesiger Fels ausgeapert ist, müssen wir erstmal ettliche Meter absteigen und dieses Stück Fels auf dem Gletscher umgehen.

Übergang zum Cevedale

Nun geht es weiter zum Cevedale.

Da wir nun unterhalb des Grates im Schnee laufen, wird es sehr heiß, denn die Sonne brennt uns direkt auf den Buckel. Auf dem Cevedale treffen wir auf einige italienische Bergsteiger, die bei unserer Ankunft Berglieder wie "La Montanara" anstimmten. Das ist ein wirklich berührendes Erlebnis: den 360° Blick auf die Berge, der wolkenlose Himmel und dazu noch die passende Musik. Ein unvergesslicher Augenblick! Selbst Georg scheint ergriffen und der hat ja nun schon viel erlebt als Bergführer.

Cevedale 1

Eindrücke vom Gipfel des Cevedale.

Cevedale 2

Blick vom Cevedale auf die herrliche Bergwelt.

Gipfelgrat

Auf dem Gipfelgrat bereit zum Abstieg.

Lange halten wir uns nicht auf, denn der Rückweg ist noch weit. Nun geht es über den zunächst recht steilen Gletscher zur Casatihütte (3254 m).

Abstieg

Abstieg zur Casatihütte.

Die Casatihütte liegt in der Lombardei und ist bei weitem nicht so gemütlich wie die Marteller Hütte und die Preise sind im Vergleich auch gesalzen. Trotzdem nehmen wir ein Getränk, denn alle Flaschen und Thermoskannen sind leergetrunken.

Auf dem Gletscher

Angenehmes Wandern über den Gletscher am Fuße des Cevedale.

Weiter geht es entlang altem Stacheldraht aus dem ersten Weltkrieg über den Langenferner. Nun geht es "in der Kachel" Talauswärts bis zum großen Schutzwall am Plimabach.

In der Kachel

Weit ist der Weg "in der Kachel" bis zum Plimabach.

Hier trennen sich unsere Wege: Georg und unser Mitstreiter gehen zum Parkplatz im Martelltal, denn Georg muss am Abend noch auf die Payerhütte aufsteigen, wo ihn der nächste Gast erwartet um morgen mit ihm auf den Ortler zu steigen. Ich gehe zurück zur Marteller Hütte, denn dort habe ich meine Sachen zurückgelassen. Es war eine erlebnisreiche Wanderung und wir verabschieden uns mit etwas Wehmut im Herzen. Am Wegesrand fotografiere ich noch wunderschönen Enzian um dann den Hüttenaufstieg in Angriff zu nehmen.

Enzian

Zarter Enzian gegen Zufallspitze.

Oben angekommen empfängt mich reges Treiben, denn es ist immernoch wolkenlos und Sonntag. Viele Tagesgäste haben den Weg hierher gefunden. Ich esse erstmal ein Stück Torte und trinke einen kühlen Radler: das zischt! Dabei genieße ich den Blick auf die in der Nachmittagssonne glänzende Zufallspitze. Den Cevedale kann man von der Hütte aus nicht sehen.

Auf der Sonnenterasse

Aussicht von der Sonnenterasse der Marteller Hütte.

Im Laufe des Tages ist in mir ein Entschluss gereift: ich werde meine Tour hier abbrechen, denn was soll nun noch spektakuläres kommen nach diesem Traumtag? Die restlichen Etappen bis zum Garda See werde ich dann in einem anderen Sommer in Angriff nehmen. Heute übernachte ich nochmal auf der Marteller Hütte und morgen werde ich die vordere Rotspitze erklimmen bevor ich dann aus dem wunderschönen Martelltal hinauswandern werde.